ANDERER | AUTRE | OTHER APPARATUS
ANDERER | AUTRE | OTHER APPARATUS wurde von Maude Léonard-Contant aus einem grossen Wunsch nach Dialog initiiert, aus dem heraus Marie-Michelle Deschamps und Michael Fehr zu einer Zusammenarbeit eingeladen wurden. Ziel des Projektes ist es, über Sprache zu sprechen, ohne jemals ein geschriebenes Wort zu verwenden.
Léonard-Contant und Deschamps verbindet das gemeinsame Interesse an der Sprache sowie der ähnliche Hintergrund: Aus dem französischsprachigen Kanada stammend sind beide für einige Zeit bzw. dauerhaft in die Schweiz übergesiedelt. Sie bewegen sich schon seit einer Weile zwischen verschiedenen Sprachen und sind daher stark von den daraus resultierenden Möglichkeiten geprägt: Was durch eine Übersetzung verloren geht, kann mit neuer Bedeutung oder Sprachmelodie ersetzt werden.
Zusammen richten die zwei Künstlerinnen den Ausstellungsraum Klingental mit haptischen und akustischen Elementen ein, mit Werken, die einerseits durch ihren gemeinsamen Bezug zur Sprachvermittlung und andererseits durch ihre Affinität zum Visuellen eine Syntax des Materiellen herstellen. Die Übersetzung von Sprache in Materialität entwickelt und formt sich durch die Zusammenarbeit mit dem Schriftsteller Michael Fehr, dessen schriftstellerische Tätigkeit essentiell mit der Mündlichkeit, deren Wörter ihren Platz – im Gegensatz zum Geschriebenen - in der Körperlichkeit finden, verbunden ist. Speziell für ihn und seine Worte konzipiert Léonard-Contant einen Raum, einen „Apparatus“, der aus fünf akustischen Skulpturen besteht, die wiederum von seinem Text „Der Eroberer und Emperor“ inspiriert wurden. Fehrs Stimme füllt die Abstände zwischen den Objekten, sie hallt auf die glatten Flächen zurück und wird von den porösen Strukturen absorbiert. Dreimal wird der Raum live mit seinen Wörtern und seiner Präsenz gefüllt und in Intervallen mit dem Flüstern und den Schritten der Besucher akustisch wieder aktiviert.
Maude Léonard-Contant, geboren 1979 in Joliette, Kanada, lebt in Basel. Sie arbeitet mit verschiedenen Medien. Trotz einer schwierigen Beziehung zu Objekten ist ihre Arbeit durch eine Affinität für Materialität geprägt. Durch das Zusammenspiel von sorgfältig ausgesuchten Materialien sowie der Anpassung und Abstimmung an ihre Eigenschaften, artikulieren sich ihre Werke, ergibt sich ihr Sinn. Ebenfalls zentral ist die Sprache, indem sie die Entwicklung von Formen auslöst und zugleich eine Versöhnung mit den Sachen erlaubt: mal ermöglichen Texte das Erscheinen von Skulpturen, mal verhindert das Schreiben ihre Verkörperung.
Marie-Michelle Deschamps untersucht in ihrer Arbeit die problematischen Prozesse der Konstruktion von Bedeutung und die fragilen Übergänge, die diese Welt ordnen: von Buchstabe zu Wort, von Wort zu Bild, von einem Buch zu einem Gegenstand. Ihre Installationen machen auf Sprache aufmerksam und dekonstruieren sie als Mittel, um die Beziehungen zwischen Worten und Dingen zu untersuchen. Sie interpretiert die Lücken zwischen Sprache und Text als gelebte physische Erfahrung und lässt diese sichtbar werden.
Michael Fehr, geboren 1982, studierte am Schweizerischen Literaturinstitut Biel und am Y Institut der Hochschule der Künste Bern. Er ist Erzähler und lebt in Bern. Kurz vor der Erlösung (2013), Simeliberg (2015) und Glanz und Schatten (2017) sind seine Buchpublikationen. Er ist Mitgründer von Babelsprech zur internationalen Förderung junger Poesie und bis 2015 Teil der Projektleitung. Ausserdem ist er seit 2013 Juror des Literaturwettbewerbs Treibhaus. 2015 bis 2016 war er Teil des Hausautorenkollektivs am Luzerner Theater.
Der Ausstellungsraum Klingental und das Projekt werden unterstützt von der Abteilung Kultur Basel-Stadt, Canada Council for the Arts, Kulturstiftung Pro Helvetia, Ernst Göhner Stiftung und Migros Kulturprozent.
Vom Ausstellungsraum Klingental betreut durch Alexandra vom Endt.
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