REGIONALE 8
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ganzblum: Display Regionale 8, 2007
Der Ausstellungsraum Klingental beteiligt sich 2007 an der Regionale: der gemeinsamen Jahresausstellung vieler Häuser aus der Region Basel – bis ins Elsass und Südbaden – die sich für zeitgenössische Kunst engagieren.
Ausgangslage für die Regionale im Ausstellungsraum Klingental ist die Idee eines installativen «Rahmens», der eine besondere Sicht auf die diesjährige Auswahl offeriert. Das Basler Künstlerduo ganzblum nahm unsere Einladung an, den White Cube mit einem Interieur zu ersetzen und den Arbeiten so einen zugleich räumlichen und erzählerischen Kontext zu erfinden. Haimo Ganz und Martin Blum waren gemeinsam mit der Zürcher Kuratorin Susann Wintsch denn auch als Jury dafür verantwortlich, sich vor diesem Hintergrund eine Ausstellung zu denken und unter den Dossiers die Beteiligten auszuwählen.
Die Installation von ganzblum wurde zum kuratorischen Konzept, das für einmal nicht aus Text oder Theorie, sondern aus einer Art Bild besteht, in dem die Kunstwerke wohnhaft werden. Die Formation geht von der Idee der «Kiste» aus, hier umgesetzt mittels Obstkisten. Es gibt viele und viele verschiedene Kisten – in Keller und Garten, in Archiv und Werkstatt; Kiste steht für das Bett, den Knast, die «Bude», aber auch die Disco (boîte) und die Beziehungskiste. Nicht alle Kisten geben ihre Geheimnisse auf Anhieb preis. Das hat auch Daniel Staudenmann entdeckt, der mit seiner «Konzeptbox-kunstmarktbasel 4» gleich acht Kollegen in die Ausstellung geschmuggelt hat. Mit den Obstkisten skizzieren ganzblum eine Burg komplett mit Zinnenkranz, die den Ausstellungsraum der Länge nach unterteilt und neue Aussen- und Innenräume schafft.
Im «Hof» empfängt uns der Brunnen von Manuel Scheiwiller, in dem ein Schwimmer für neue Wasserspiele sorgt. Wie zum Trocknen hängen dahinter Lorenza Diaz’ generöse Fleischbilder, die alle in diesem Jahr entstanden sind. Tilman Baumanns fragile Kartonminiaturen ergänzen die Konstellation mit einer zauberhaften Kapelle. Der Mauer entlang breitet das Künstlerpaar Copa & Sordes in zahlreichen Monitoren ihr bald zehnjähriges «Newtons Archive of Time» aus: Der gebildete Blick lässt ein Kind wie in ewigen Schlaf sinken, verwandelt es in Amor, in ein Kulturgeschichte atmendes Tafelbild. Raben fressen das Sommerfrühstück. In den Gewölben hortet Marion Ritzmann eine Gruppe von Heizkörpern, deren Glühlämpchen im Dunkeln leuchten – während sich auf der andern Seite Nadine Eisenrings «Ambivalenz» breitmacht mit einem freundlichen Kommentar aus Jute, Wolle, Holz und Gummi zur Domestizierung wilder Tiere. An den Stirnseiten blickt man je in projizierte Bilderwelten, erlebt Andreas Lorenschats abstrakte Nachtlandschaft oder lässt sich von Tina Z’Rotzs Frauenbande zu Anti-Helden-Abenteuern verleiten.
Nostalgie und Heimatgefühl deuten sich an – auch in Iris Beatrice Baumanns Studie über das Schnupfen von Tabak und Pt Whitfields Transformation des rückwärtigen Gartens: Farbe, die an Schutzanstriche im Obstbau erinnert, markiert die Bäume und exponiert sie in sterilem Grün als natürlich-künstlicher Umriss im Stadtraum.
Doch emotionale Anflüge bleiben nicht lange unreguliert: «Während den Belüftungszeiten werden die Leser nicht bedient» warnt ein Schild – ein schönes Fundstück von Ilse Ermen, die den Gang durch die Ausstellung mit trockenem Humor begleitet. Nicht ohne Schwindel führt der Weg zurück über ganzblums Zinnenkranz, der den Blick öffnet auf Annegret Eiseles luftige Wandmalerei mit dem Titel «Rückwärts schaukeln». Auf ganz andere Weise bearbeitet Caroline Keppi räumliche, vor allem aber soziale Grenzbereiche: Die Fussmatten, die sie am Boden zur Ackerlandschaft breitet, sind hart erarbeitetes Resultat von Bittbriefen um Ausleihe an je zweihundert Basler und Mulhouser Haushalte. Wieviel Ausdruck von Individualität erlaubt diese Welt von Massenprodukten? Eine Antwort darauf formuliert als Künstlerin Anette Barcelo: Ihre unverwechselbaren Kreaturen entfalten sich zwischen Ausweispapieren, dem Inbegriff staatlichen Zugriffs auf den Bürger.
Kleinbasler Kunstpreis 2007
Dank einer ungenannt sein wollenden Stifterin kann der Verein Ausstellungsraum Klingental auch dieses Jahr den Kleinbasler Kunstpreis verleihen, der an eine Position gehen soll, die im Beitrag des Ausstellungsraums an der Regionalen vertreten ist. Die Jury aus Vorstandsmitgliedern hat sich entschieden den Preis ANDREAS LORENSCHAT aus Karlsruhe zuzusprechen. Der Künstler arbeitet mit filmischen Miniaturen, die in banalsten Situationen siedeln. Aus dem Alltag isoliert er durch präzise und sorgfältige Aufnahme- und Montagetechnik scheinbar simple aber überraschend hintergründige Bildmomente. Leichtigkeit und Humor begleiten das Nachdenken über das Entstehen von Bildern, über das Verhältnis von Sprache und Bild. Wir zeigen «Das Auto», einen einminütigen Film über Projektion, das Projezieren, über das Sehen und – mit listiger Wendung – über das Gesehen werden.
Jury: Martin Blum, Haimo Ganz, Susann Wintsch.
Für den Ausstellungsraum Klingental organisiert von Nadja Solari.