AUF DER KRUSTE

MAYA BRINGOLF, ERIKA MAACK, MATHIS VASS

17. August bis 14. September 2008

Vernissage: Samstag, 16. August, 18 Uhr

Freitag, 5. September, ab 17 Uhr, open end
Season Opening der Basler Galerien
mit Musik und Spanferkel

Donnerstag, 11. September, 19 Uhr
Werkgespräch mit Katharina Dunst

 

Bild
Maya Bringolf: Whipped Dream “2, 2008, Mischtechnik
Mathis Vass: Kosmobiomanie, 2008, Installation
Erika Maack: Ohne Titel, 2008, Betonguss, Acrylglas

 

 

Wo berühren sich die Werke von Maya Bringolf, Erika Maack und Mathis Vass? Ihr Projekt für den Ausstellungsraum haben die drei sonst autonom arbeitenden Künstler/innen gemeinsam entwickelt. Der Titel «Auf der Kruste» nimmt eine erste Antwort bereits vorweg: Drei Mal geht es um Oberflächen, um ihre Verhärtung, Beweglichkeit, Verletzlichkeit. Die «Natur» als Eigengesetzlichkeit von Materialien und Techniken ist Ausgangspunkt für  gezielte gestalterische Entscheidungen.

Unter dem Titel «Sweet Home» erzählt Maya Bringolf (*1969) von mehreren Aggregatzuständen. Die Konstruktion aus zersägten schlichten Holzstühlen scheint auf den ersten Blick Ergebnis einer gewaltsamen, ja explosiven Kraft, die ein ehemals Ganzes splittete. Die Teile verfestigen sich gleichzeitig zu einem kristallinen Gebilde. In ihrer knapp mannshohen Ausdehnung sucht die Konstruktion den Dialog mit dem Körper der Besucherinnen und Besucher. Wer versucht, sie zu vermessen, ihre tragenden Elemente zu identifizieren und Vertrauen zu fassen in ihre Stabilität, dem warten Überraschungen auf. Spiegel halten An- und Durchsichten auf, beziehen den Umraum mit ein und lassen Schaumspuren des verhärteten, weissen Leims stellenweise zum ornamentalen Schmuck auswachsen.

Erika Maack (*1969) ‹erfindet› Naturphänomene. Die Wechselwirkung zwischen dem erinnerten Echten und seinem künstlichen Double erzeugt – unabhängig vom gewählten Material – Irritationen. In einer Serie von Fotografien bilden Architekturmodelle den Schauplatz eines nächtlichen Naturereignisses. Die Verletzung des chemisch bearbeiteten Fotopapiers durch Schraffuren führt im Bildverlust selbst zu einer geradezu filmisch anmutenden Dramatik: Glühendes Gewölk bedroht eine Siedlung karger Neubauten, flieht gespenstisch über die Strasse und an metallenen Masten vorbei, scheint Ursache und Wirkung einer Explosion, die ein ganzes Gebäude in den Himmel sprengt.

Ähnliche Themen verfolgt Maack im dreidimensionalen Werk: Dem Betonguss im Ausstellungsraum ging eine im Atelier vorbereitete Hohlform aus Styropor voraus. Der einmaligen, unverrückbaren Setzung in Form eines vertikal aufgerichteten Sockels oder Stamms entwachsen horizontal flache Scheiben aus  durchscheinend gelblichem Harz. Die im Verhältnis zur brüchigen Rinde des Stamms geschmeidig anmutenden Ergänzungen rufen Pilze in Erinnerung. Eigenwüchsig und fragil, wuchernd und doch dosiert, verwöhnt und unterwandert dieses Stück reinszenierter Natur die Wahrnehmung des Innenraums.

Noch die kleinste Spur alltäglicher Bewegungen stimuliert das zeichnerische Interesse von Mathis Vass (*1971). Motor seines Schaffens ist die unauflösbare Spannung zwischen einer strengen Rasterung in der Malerei und dem spontanen Strich der Zeichnung. Schreibtisch-Unterlagen, Notizzettel oder verworfene Einzelblätter sind Sammlungen, die der aufmerksamen Betrachtung standhalten wollen. Die akribische, handschriftliche und collagierte Spurensicherung erweist sich in immer neu erprobten Blow-Ups als unerschöpflicher Untersuchungsgegenstand.

So fügt sich auch die Präsentation älterer Werke in anderem Licht ins geschlossene System des laufenden Visionierens und Überprüfens: Vier mit Tagesleuchtfarbe behandelte Grossformate werden im Neonlicht in einem eigens eingebauten Raum-Kubus neu lesbar. Die Isolation von leuchtaktiven Lineaturen relativiert die körperliche Präsenz der Malerei. Sie lässt auch die Geschichte dreidimensionaler Materialien verschwinden: Was im Tageslicht Tennisbälle und Kartonrollen wären, mutiert im Dunkel zu einem schwebenden Planetensystem.
Text: Isabel Zürcher, Basel

Das Ausstellungsprojekt wird unterstützt von der Ernst Göhner Stiftung.



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