Unterwegs nach Hellissandur
Im Eingang der Ausstellung begrüsst uns - dicht und bunt wie die Stadt Reykjavik - der Demented Diamond der Kling og Bang Gallery. Das Künstlerkollektiv kuratiert - spezifisch für die Ausstellung - aus ihrem stets aktuell gehaltenen Archiv isländischer Videokunst eine Auswahl von Filmen, die auf vielfach faszettierte glänzende Flächen projiziert werden.
Durch diese fast aufdringliche, kaleidoskopische Installation hindurchtretend, erleben die Besucher/innen danach den viel leereren Raum einer Ausstellung, welche mit einzelnen Werken eine Art isländische Weite und Landschaft suggeriert.
Darin zeigen wir ausgewählte Leinwände von Eggert Pétursson, welche in minuziöser Nahsicht in Ölfarbe die vulkanische Flora Islands aufblühen lassen. Von Ferne grüsst ein Schiffsmotor, zu minimalistischer Musik komponiert von Tumi Magnusson. Das Modell eines Denkmals von Ragnar Kjartansson erinnert an die auf See verlorenen Fischersleute. Es ruft nicht nur das Meer, die Fischerei und das Leben der Familien in den kleinen Küstenorten auf, es spricht auch das in Island schon durch die Namensgebung sehr präsente Thema der Generationen an. Die späten Arbeiten des 1989 verstorbenen Ragnar Kjartansson zeigen eine nicht augenfällige, subjektive Lebensklugheit; in der Umsetzung vom handlichen ins monumentale Format gelingt es ihnen, das schwere Thema mit Humor und Leichtfüssigkeit zu formulieren. Auch Ragnar Kjartansson jr. und sein Vater sind an der Ausstellung beteiligt; gemeinsam zeichnen sie mit Bleistift das Meer. Daneben richtet Margrét Blöndal eine kleine Kabinettsausstellung ein, wo sie mit ausgesuchen Fundstücken in Holz, Schaumstoff und Plastik mit sparsam eingesetzten Farbakzenten ein loses, zartes und eigentümlich einnehmendes Flechtwerk von Assoziationen auspannt. Und, im harten Schnitt dazu, zeigen wir auf Gudmundur Thoroddsen's Zeichnungen einen karikierenden Blick auf die isländische Männerwelt.
Aber auch drei Künstler/innen aus der Schweiz sind an der Ausstellung beteiligt. Seit Jahren verbringt Silvia Bächli in Tumi Magnussons Sommerhaus in Seyðisfjörður kostbare Wochen mit Zeichnen und Schauen. Unter Verwendung isländischer Pigmente temperiert mit einer Wandarbeit Thomas Heimann den Raum in einer suggestiven Farbskala. Nic Bezemer sucht und findet in abstrahierenden Naturstudien Islands eigenwillige Topografien.
Die Ausstellung vereint so die unterschiedlichsten Medien - Wandarbeit, Video, Malerei, Audioinstallation, Skulptur, Zeichnung, Installation - zu einem höchst subjektiven Eindruck des Ortes Island. Dieser Eindruck entstand in der Recherche von zwei der beteiligten Künstler und nimmt uns mit auf eine fiktive Reise in die fremde Landschaft, reflektiert in der Bildenden Kunst und genährt von bestehenden Verbindungen und neuen Freundschaften.
Der Ausstellungsraum Klingental ist Partner von CULTURESCAPES ISLAND 2015.
Die Ausstellung wird unterstützt von der Jaqueline Spengler Stiftung.